In diesem Jahr finden zahlreiche Wahlen in Brandenburg statt: Am 26. Mai werden Kreistage, Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen, Ortsbeiräte und das Europäische Parlament gewählt. Und am 1. September findet die Landtagswahl statt. Diese Wahlen betreffen auch uns, also Kinder und Jugendliche – egal, ob wir bereits 16 sind und damit mitwählen dürfen oder ob wir noch zu jung sind zum Wählen. Wir haben für euch Bruno Küpper, den Landeswahlleiter des Landes Brandenburg, zum Thema befragt.
1.) Warum sind Wahlen wichtig?
Wenn jeder Schüler selbst entscheiden dürfte, wann er seine Ferien nimmt, es also keine für alle verbindliche Ferienregelung gäbe, wäre z. B. ein möglichst gleichmäßiger Lernfortschritt für alle Schüler kaum möglich.
Gruppen von Menschen, etwa in Schulen, Betrieben oder Sportvereinen brauchen aus unterschiedlichsten Gründen feste Regeln, die ihr erfolgreiches Zusammenleben und Zusammenwirken erst ermöglichen.
In recht kleinen Gruppen, z. B. bei 5 Freunden auf Ferienreise, sollte man sich insofern rasch und unkompliziert einigen können (und jeder weiß, wie schwer dies bereits sein kann). Bei größeren Gruppen ist dies auf eine solche Weise schon rein praktisch unmöglich; und wie sollte dies gar für die 2,5 Millionen Bürger des Bundeslandes Brandenburg oder die 82 Millionen Bürger Deutschlands organisiert werden können? Dann stellt sich nämlich ebenfalls die wichtige Frage: Wer darf solche Regeln überhaupt aufstellen und warum gerade derjenige?
Hierauf hat es im Laufe der Menschheitsgeschichte viele ganz verschiedene Antworten gegeben. Die Bürger Deutschlands halten das System einer sogenannten parlamentarischen Demokratie für die bestmögliche Antwort. Für unseren Staat gilt als „oberste Regel“ das „Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“. Ihm sind alle anderen Regeln (unsere Gesetze) nachgeordnet.
2.) Welche Funktionen haben Wahlen?
Artikel 20 des Grundgesetzes legt fest: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt“.
Damit steht fest: Die Macht, Regeln aufzustellen und ihre Befolgung zu gewährleisten, liegt beim Volk. Dieses übt seine Macht (Gewalt) dadurch aus, dass es die Abgeordneten des Parlamentes (besondere Organe der Gesetzgebung) wählt und sie sozusagen für eine bestimmte Zeit beauftragt, Regeln für unsere Gesellschaft aufzustellen, nämlich Gesetze zu beschließen.
Könnte man solche Regeln nicht direkt durch das Volk beschließen lassen? Das wäre schon praktisch unmöglich. Nur für seine Sitzungen am 9./10. Mai 2019 hat das Parlament für die Bundesrepublik Deutschland, der Deutsche Bundestag, bisher 25 Tagesordnungspunkte zu bearbeiten. Vom Fahrlehrergesetz über die Entlastung bei Sozialabgaben bis zum EU-Haushalt oder die Rechte von Mädchen auf Gesundheit und Bildung in Krisengebieten stehen beispielhaft äußerst unterschiedliche Themen auf dem Plan. Der Bundestag hat aber in diesem Jahr sogar 21 Sitzungswochen angesetzt, so dass sich eine Fülle und Vielfalt ergibt, die sachgerecht durch die Bürger unmittelbar nicht zu bewältigen wäre; und es gäbe noch zahlreiche weitere Nachteile eines solchen Systems.
Der vorstehend beschriebene Weg ins parlamentarische System gilt sinngemäß auch für die Ausübung des Volkswillens auf Ebene der Europäischen Union (Wahl zum Europäischen Parlament am 26. Mai 2019), für die Brandenburger Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 sowie die Wahlen zum Landtag Brandenburg am 1. September 2019.
Es werden aber nicht nur Abgeordnete für Parlamente gewählt, es gibt auch Wahlen, bei denen ausschließlich Personen für Einzelfunktionen antreten, z. B. bei Bürgermeisterwahlen.
3.) Wie werden die Stimmen der Wähler/innen ausgewertet?
In Deutschland finden Wahlen stets an einem Sonntag von 8 bis 18 Uhr statt. Im Land Brandenburg ist unsere Wahlorganisation (auch für die Bundestagswahlen und die zum Europäischen Parlament) für die Durchführung des gesamten Wahlprozesses und die Verantwortung der Ergebnisse zuständig. In ca. 3.800 Stimmbezirken (einschl. Briefwahlbezirken) werden ca. 28.000 ehrenamtliche Personen in den Wahlvorständen tätig. Die Ergebnisse werden von der Gemeindeebene aus elektronisch bis zum Amt für Statistik Berlin-Brandenburg übermittelt, so dass ein vorläufiges Ergebnis am Wahlabend feststeht. Gleichzeitig werden die Zahlen auch „auf Papier“ erfasst und in der Folgewoche den örtlichen Wahlausschüssen zur Feststellung des endgültigen Ergebnisses vorgelegt. Das Landesergebnis kann sodann durch den Landeswahlausschuss festgestellt werden. Bei bundesweiten Wahlen erhält der Bundeswahlleiter das vorläufige und das endgültige Ergebnis.
Aus diesen Wahlergebnissen ergibt sich, welche Partei (wieder) ins Parlament einzieht (Fünf-Prozent-Hürde bei Landtags- und Bundestagswahlen) und wie viel Sitze auf eine Partei entfallen. Letztendlich wird dadurch bestimmt, wer die politische Mehrheit erhält und die künftige Regierung stellt und damit die Aufgabenschwerpunkte in den kommenden Jahren bis zur nächsten Wahl bestimmt.
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